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WhatApp umsonst

Anfang dieser Woche besuchte ich die Digital Life Design 2016, kurz DLD, in München. Wir hatten uns bereits einige Zeit vorher darum bemüht, die Gelegenheit zu nutzen und möglichst viele interessante Gesprächspartner für ein Interview zu gewinnen. Alles lief reibungslos. Nur einer wollte partout nicht: Jan Koum. Der Gründer von WhatsApp sagte alle vereinbarten Interviewtermine kurzfristig ab. Die Organisatoren der DLD von Burda erklärten: WhatsApp habe eine Ankündigung zu machen.

Die erwartungsvollen Besucher der DLD wurden nicht enttäuscht. Die Ankündigung kam prompt: In einem Nebensatz ließ der Whatsapp-Co-Chef fallen, dass der Nachrichtendienst innerhalb der nächsten Wochen wieder kostenlos angeboten werden wird. Bislang verlangt das Unternehmen von jedem Nutzer etwa einen Dollar (in der Europäischen Währungsunion etwa 89 Cent) pro Jahr – das erste Jahr gab es ohne Bezahlung.

Statt Geld von den Nutzern zu verlangen, für die der Dienst in naher Zukunft zumindest vorerst kostenfrei bleiben soll, will Whatsapp stärker auf den geschäftlichen Gebrauch seines Nachrichtendienstes abzielen. Bislang gäbe es nur wenige Berichte von Unternehmen, die Whatsapp tatsächlich für ihren Betrieb nutzten. „Es gibt zum Beispiel ein Unternehmen in Indien, das per Whatsapp Sandwich-Bestellungen annimmt und diese dann ausliefert“, sagte Jan Koum auf der DLD.

In Zukunft sollen auch große Unternehmen wie die American Airlines oder die Bank of America auf Whatsapp setzen. Koum will so die Kommunikation zwischen Unternehmen so einfach und effizient machen wie die private bereits ist. Entgegen der Befürchtung vieler Nutzer soll Werbung kein Teil des Konzeptes sein.

Vor zwei Jahren hatte Koum auf der Konferenz angekündigt, Whatsapp wolle unabhängig bleiben. Nur drei Wochen später wurde bekannt, dass die Gründer das Startup mit damals rund 450 Millionen aktiven Nutzern für 19 Milliarden Dollar an den Internetriesen Facebook verkauften. In München verteidigte Koum nun den Verkauf. Seit man zu Facebook gehöre, könne man die dort bereits aufgebauten Infrastrukturen nutzen und so das Produkt verbessern.

Während der Versand von Bildern und Videos ohne Facebook den Aufkauf von mehreren Rechenzentren erfordert habe, sei das dem Unternehmen so erspart geblieben. Dennoch habe man seine Unabhängigkeit bewahrt. Nicht nur ein eigener Standort im Silicon Valley sorgt dafür, sondern auch ein ganz eigenes Team an Ingenieuren und Programmierern. Man arbeite aber auch nach dem Aufkauf durch Facebook noch immer wie ein Startup.

Whatsapp ist ein mobiler Nachrichtendienst, der es erlaubt, neben Sprachnachrichten und Fotos inzwischen auch Videos und seit einigen Monaten auch Sprachnachrichten zu verschicken. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Kurznachrichten wie SMS zahlte der Nutzer bisher nur einmal im Jahr einen Betrag von einem Dollar – während bei einer SMS immer noch 9 Cent pro Nachricht anfallen. Seit rund zwei Jahren gehört Whatsapp zu Facebook und zählt etwa eine Milliarde aktiver Nutzer. In Deutschland wurden allein 2015 etwa 667 Millionen Whatsapp-Nachrichten verschickt.

Dieser Text erschien zuerst auf der Internetseite der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Einen Kommentar zum Thema findet ihr hier.

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Anna Steiner • 24. Januar 2016


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