Umwandlung in eine Genossenschaft: Prokons demokratische Zukunft
Der Windkraft-Projektierer Prokon wurde in eine Genossenschaft umgewandelt. Ist das die Lösung für viele Insolvenzen im Erneuerbare-Energien-Sektor? Ein Kommentar.
Ob Windkraft, Geothermie oder Solarenergie, der Geschäftsbereich der erneuerbaren Energien wird nicht nur von Energieriesen dominiert, sondern auch Klein- und Kleinstunternehmer trauen sich auf den Markt. Ein (meist sehr junger) Unternehmer hat eine gute Idee und geht auf Investorensuche. Wenige Jahre später stellt er fest, dass er sich verkalkuliert hat, oft sind die Investorengelder futsch. Seine Firma muss Insolvenz anmelden und das manchmal auch noch ohne dass auch nur ein einziges Projekt realisiert worden wäre. Liegt der Fehler bei den Investoren? Beim Unternehmer? Oder handelt es sich ganz einfach um ein Marktproblem?
Der Fall Prokon weist eine interessante Entwicklung auf. Das Unternehmen hatte im vergangenen Jahr mit seiner Insolvenz Schlagzeilen gemacht. Der Verlust des Windpark-Projektierers lag am Ende bei rund 400 Millionen Euro. Gegen Prokon-Ex-Chef Carsten Rodbertus wurde ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung eingeleitet. Die Anzahl der Gläubiger – mehrheitlich private Kleinstanleger – war gewaltig. Als die Genussrechte im Herbst 2014 fällig wurden, drohte dem Unternehmen der endgültige Kollaps.
Genossenschaft: Weniger windige Geschäfte mit dem Wind
Im Insolvenzverfahren wurde nun eine vielversprechende Lösung gefunden: Die Genussrechte der Investoren wurden in Genossenschaftsanteile umgewandelt. Der Vorteil einer Genossenschaft ist die demokratische Rechtsform, die auf der Gemeinschaft der Kapitalgeber beruht. Jeder Anteilseigner hat – unabhängig von der Höhe der Kapitalbeteiligung – ein Mitspracherecht. Das schützt zum einen vor der Dominanz Einzelner und sichert das Unternehmen gleichzeitig gegen externe Interessen ab.
In der Satzung einer Genossenschaft kann im Fall einer Insolvenz zudem die gesetzlich vorgesehene Nachschusspflicht für Mitglieder ausgeschlossen werden. Das bedeutet, dass Gesellschafter und Genossen nicht zwangsläufig in Höhe des bestehenden Gesellschaftskapitals für entstandene Verluste haften müssen. Für die Prokon-Kapitalgeber ein wichtiges Argument. Als weiteres Pro-Argument einer Genossenschaft gilt zudem die niedrige Insolvenzrate, die im Vergleich mit anderen Rechtsformen verschwindend gering ist. Diese Erfolgsquote wird auf die strikte Überwachung durch den jeweiligen Genossenschaftsverband erklärt.
Im Verlauf des Insolvenzverfahrens hatte auch EnBW Interesse an Prokon angemeldet, doch 35.000 Anleger, die rund 800 Millionen Euro Genussrechtskapital vertreten, stimmten auf der Gläubigerversammlung am Donnerstagnachmittag gegen eine Übernahme durch den süddeutschen Energiekonzern. “Wir bedauern natürlich diese Entscheidung, denn Prokon und EnBW hätten gut zusammengepasst und gemeinsam die Windkraft in Deutschland noch stärker voranbringen können”, sagte EnBW-Vorstandschef Frank Mastiaux. “Aber wir haben auch großen Respekt für die Verbundenheit der Genussrechtsinhaber mit Prokon, die darin zum Ausdruck kommt.”
Angesichts der zahlreichen insolvenzbedrohten Windenergie-Unternehmen – zuletzt konnte der Projektentwickler juwi aus dem hessischen Wörrstadt eine solche durch den Verkauf der Mehrheit seiner Anteile an die Mannheimer Stadtwerke abwenden – stellt sich die Frage, ob eine Genossenschaft nicht die geeignetere Rechtsform für junge Unternehmen im Erneuerbare-Energien-Sektor wäre. Dann erschiene potentiellen Kapitalgebern das Geschäft mit der Windkraft vielleicht auch als weniger windig.
Mit Material von dpa
Anmerkung: Dieser Kommentar entstand im Rahmen einer Crossmedia-Werkstatt an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.