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Vinzent Grimmel

Interview: Vinzent Grimmel über Windräder mit und ohne Getriebe

Vinzent Grimmel, Jahrgang 1987, hat Umweltwissenschaften in Lüneburg studiert und für einen Windgutachter und einen Projektierer gearbeitet. Windräder sind sein Steckenpferd, er weiß viel darüber zu erzählen.

Vinzent Grimmel

© Vinzent Grimmel [bearbeitet]

Eco²: Vinzent, was macht dich zu einem Experten in Sachen Windkraftanlagen?

Vinzent Grimmel: Bei meinem Arbeitgeber wurde ich immer gerufen, wenn sie dort eine Anlage auf Luftbildern nicht erkennen konnten. Ich war früher oft im Gelände und konnte dabei mein Auge schulen. Wenn man dann täglich damit arbeitet und plant, kennt man irgendwann die Anlagentypen von den Leistungsdaten her oder was Generatorgrößen angeht. Den Rest habe ich mir aus Interesse angelesen.

Es gibt viele verschiedene Windkraftanlagen. Welche Unterschiede lassen sich hier feststellen?

Neben unterschiedlichen Größen der Rotoren, Generatorleistungen und Nabenhöhen gibt es z.B. auch verschiedene Arten von Generatoren. Zum einen die Synchrongeneratoren, die sich genauso schnell drehen wie die Netzfrequenz. Und es gibt Asynchrongeneratoren.

Worauf kommt es bei der Art des Generators an? Welche Vorteile haben Synchron- und Asynchrongeneratoren?

Grundsätzlich geht es darum, dass die Drehzahl des Rotoren auf eine bestimme Drehzahl des Generatoren gebracht werden muss. Normalerweise hat man im hiesigen Stromnetz eine Frequenz von 50 Hertz. Wäre eine Windkraftanlage mit Synchrongenerator direkt ans Netz angeschlossen, müsste sich der Rotor genauso schnell drehen, dass der Generator diese 50 Hertz erreicht – das wären dann 3600 Umdrehungen pro Minute. Das ist aber recht schwierig, da der Wind eben nicht immer genau so bläst, dass diese Drehzahl erreicht wird. Deshalb werden verschiedene Techniken eingesetzt. Zum Beispiel eben besagte Synchrongeneratoren, die aber nicht direkt, sondern über spezielle Leistungselektronik mit dem Netz verbunden sind.
Und es gibt Asynchrongeneratoren. Die sind in ihrer Rotorgeschwindigkeit prinzipiell unabhängig. Wenn sich der Generator schneller dreht als das Netz, dann wird Strom eingespeist. Wenn er sich langsamer dreht, dann funktioniert der Generator theoretisch als Motor. In der Praxis läuft die Anlage aber dann natürlich nicht weil sie sonst Strom verbrauchen und nicht erzeugen würde. Auch diese Anlagen brauchen spezielle Leistungselektronik, die aber nicht so groß dimensioniert sein muss und damit billiger ist.

Warum ist es so schwer, einen Generator einzubauen, der sich genauso schnell dreht wie das Netz?

Weil der Generator mit dem Rotor verbunden ist. Und dessen Drehzahl ist wegen den Schwankungen des Windes nicht immer konstant, also wären Generator und Netzfrequenz nicht immer kompatibel. Das wird bei einer Windkraftanlage schwierig. Deshalb haben Windräder immer noch eine andere Anlagentechnik eingebaut, mit der sie dieses Drehzahl-Problem lösen können. Dabei wird der Wechselstrom, der vom Generator kommt, zu Gleichstrom umgewandelt. Gleichstrom hat keine Frequenz – wie der Name schon sagt. Der Gleichstrom kann nun wiederum in Wechselstrom mit beliebiger Frequenz verwandelt werden. Für das gewöhnliche Stromnetz sind das die geforderten 50 Hertz. Bei Synchrongeneratoren muss der komplette Strom durch so einen Wechselrichter, bei Asynchrongeneratoren ist es nur ein Teil des Stroms, was kostengünstiger ist.

Es gibt Anlagen mit und ohne Getriebe. Wie funktionieren die genau und was sind die Unterschiede?

Bei Enercon-Windrädern zum Beispiel – die funktionieren ohne Getriebe – ist es so, dass ihr getriebeloses Konzept mit einem sehr großen Ringgenerator sehr materialintensiv ist. Dadurch, dass dieser zum Beispiel sehr viel Kupfer benötigt, wird er auch schwerer und teurer. Das ist ein Nachteil.
Es gibt aber auch Vorteile. Denn das Getriebe war früher immer eine Schwachstelle, da es im Endeffekt die komplette Kraft aus dem Wind an den Generator weiterleiten muss. Und da dort sehr hohe Kräfte wirken – was wir ja auch wollen, damit wir sie in Elektrische Arbeit umwandeln können – kam es häufig zu Ausfällen. Und wenn so eine Anlage einen Getriebeschaden hat, dann ist dies schwierig zu reparieren. Man muss im Prinzip die Gondel oder das Getriebe mit einem Kran herunter holen und das Getriebe dann austauschen. Das ist megateuer, weil es eben sehr aufwändig ist.

Kann man denn dadurch, dass die Gondel schwerer ist auch sagen, dass die Konstruktion von dem Windrad schwieriger wird?

Ja, ich denke schon, dass das von der Statik her ein bisschen problematischer ist. Und beim Transport und Aufbau braucht man wahrscheinlich auch einen besseren Kran – aber das weiß ich nicht genau. Es ist sehr herstellerspezifisch, wie gut die in ihrem Gewichtsmanagement sind.

Gibt es noch andere Gründe, die für oder gegen Anlagen ohne Getriebe sprechen?

Ja, der Hauptaspekt für Windräder ohne Getriebe wie die von Enercon ist vor allem der geringere Verschleiß und die damit verbundene Langlebigkeit. Ich habe außerdem mal mit einem Betreiber gesprochen und der meinte, er fände die Windräder ohne Getriebe ganz toll. Denn man könnte darin herumlaufen und es sei alles so sauber.
Im Gegensatz zu Windrädern mit Getriebe: Da drücken die Anlagen zum Teil Öl aus den Getrieben – das heißt man hat einen Ölverlust und man braucht wahnsinnig viel Öl um dieses ganze Ding zu schmieren. Das ist auch wieder ein Umweltaspekt, da das Öl nicht in die Natur gelangen darf. Und es ist natürlich so, dass Öl brennen kann. Das kann in sehr seltenen Fällen wirklich passieren z.B. durch Fehler an Material bzw. Technik oder eine Blitzschlag – und ich meine, dass diese Probleme bei getriebelosen Anlagen eher nicht so auftreten.

Wenn die Anlage ohne Getriebe so viele Vorteile hat, wofür gibt es dann Anlagen mit Getriebe?

Die Anlagen mit Getriebe sind erheblich günstiger. Durch die Übersetzung der Drehzahl kann man weniger materialintensive, schnelldrehende Generatoren verbauen. Und auch Anlagen mit Getriebe sind mittlerweile ähnlich störungsfrei und langlebig wie getriebelose Anlagen. Fakt ist, die meisten gebauten Windkraftanlagen besitzen ein Getriebe. Ich glaube, dass es vor allem eine Geldgeschichte ist. Außerdem kann man Anlagen mit Getriebe vielleicht auch ein bisschen wirkungsgradoptimaler fahren.

Man kann also nicht sagen, dass Anlagen mit Getriebe eine höhere Leistung erbringen als getriebelose Windräder?

Nein. Die größte aktuelle Anlage, die gebaut wird, mit einer Leistung von 7,5 MW hat kein Getriebe. Das heißt aber nicht, dass Anlagen mit Getriebe nicht auch in der Lage wären, diese Leistung zu erreichen. Da gibt es keinen pauschalen Unterschied.

Lieber Vinzent, vielen Dank für dieses Gespräch!

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Anna Steiner • 10. August 2014


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